Rhein Riot 2016 – schneller, lauter härter !

Das kleine Festival feierte dieses Jahr in der Kölner Live Music Hall seine Premiere und zog am hochheiligen Sonntagabend etliche Metalfans an. Für das Wort Riot finden sich einige Übersetzungen, am treffendsten beschreibt jedoch das Wort «Randale» das Programm und die Stimmung an diesem Abend.

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Alissa in Aktion Foto: Marco Aversano

Den Start machte eine aus Indien stammende Band mit dem Namen Kryptos, die mit gutem soliden Oldschool-Heavy Metal. Das Los als erste Band vor einem noch ziemlich zurückhaltenden Publikum ein Festival zu eröffnen ist zwar kein leichtes, aber das schien die Herren nicht davon abzuhalten, mit Vollgas zu starten. Zumal sich das noch sehr kleine Publikum noch im Ruhemodus befand und der Frontmann bis zur Mitte des Auftrittes im Dunkeln stand. Die Belohnung war daher ein, hauptsächlich aus Death Metal-Fans bestehendes, mitrockendes Publikum. Der Sound der Inder geht ins Ohr und man darf gespannt sein was uns auf dem in diesem Jahr erscheinenden neuen Album Burn up the Night erwartet, der bereits veröffentlichte und Live souverän performte Track Full Throttle verspricht Gutes.

Aufgrund der gewohnt heissen Klimaverhältnisse in der Live Music Hall, zog es die meisten Besucher nach Kryptos in den Aussenbereich, um bei einem kühlen Bier den lauen Sommerabend zu genießen und sich für den restlichen Abend zu wappnen. Das geringe Platzangebot außerhalb der Halle und die dadurch entstehende Nähe zu andere Besuchern führte dazu, dass man leichter ins Gespräch kam. So wurden vielerorts interessante Gespräche mit völlig Fremden über Musik, das Wetter und die allgegenwärtige Frage «Wie fandest du Wacken?» geführt.

Die zweite Band in der Reihe mit dem Namen Bliksem die aus dem Thrash Metal-Bereich kommt, enttäuschte die Erwartungen. Die Frontfrau, die auf CD-Aufnahmen eine dunkle rauchige Stimme (die sehr an die Frontfrau der Guano Apes erinnert) in den Ring wirft, wirkte aufgesetzt und leicht lustlos. Besonders während der Scream-Parts klang ihre Stimme sehr dünn und grundsätzlich zu leise. Dies konnten selbst die hochmotivierten anderen Bandmitglieder, die wirklich alles gaben, nicht ausgleichen. Was zur Folge hatte, dass ein Großteil des Publikums die Halle wieder verliess oder gar nicht erst den Weg zu Bliksem fanden. So fiel auch der Abschlussapplaus – abgesehen von den ersten Reihen – eher mager aus. Nur laut und schnell zu sein, ist wohl nicht alles.

Foto: Marco Aversano

Was danach folgte, war eine Death Metal-Band wie sie im Buche steht. Der Name Aborted, der geile Sound, die Lautstärke, und Aggressivität der Songs; alles sprach dafür. Die Akustik war gut und der Frontmann grunzte, was das Zeug hielt. Als Sänger Sven de Caluwe schon beim dritten Song Meticulous Invagination den Aufruf «Bang your fucking head!» brüllte, war auch im Publikum kein Halten mehr. Klassischer Headbang, Windmühle, kurze und infernalisch lange Harre – es wurde geheadbangt, als gäbe es kein Morgen mehr. Und natürlich durfte ein amtlichen Circle Pit nicht fehlen. Zusammenfassend lässt sich wohl sagen, dass die Belgier einen technisch sehr guten, auch für nicht Death Metal-Fans mitreissenden Auftritt hingelegt haben.

Die Melodic Death Metal Band DevilDriver, für die nach der Menge der Bandshirts zu urteilen viele erschienen waren, hatten vor ihrem Auftritt mit einigen technischen Problemen zu kämpfen und der Konzertbeginn verschob sich nach hinten. Das Publikum nahm es gelassen; so hatten sie doch noch Zeit nach der Packung von Aborted zu verschnaufen.

Bärtige langhaarige Männer, die optisch einem Wikingerepos entstiegen sind, betraten die Bühne. Sie hatten nicht nur altbekanntes im Gepäck, sondern präsentierten auch neue Songs wie Daybreak und My Night Sky aus ihren in diesem Jahr erschienen Album Trust no One. Der Sound war gut, die Menge absolut gefesselt, jedoch wirkte das Programm sehr abgespult und durchorganisiert. Fast zu ordentlich für eine waschechte Death Metal-Truppe. Doch dann kam die Überraschung; ein Cover des Songs Sail der Indie-Rock Band Awolnation, dass für Fans des ursprünglich langsamen elektronischen Songs eine ganz neue würzige Note mit einbrachte. Überraschung gelungen!

Und dann endlich war es soweit. Der Headliner und Melodic Death Metal-Grösse Arch Enemy war an der Reihe. Das umfangreiche Set von 19 Songs (einschliesslich vier Zugaben) lieferte ein grosse Bandbreite aus dem Repertoire der Band. Bei Songs wie War EternalUnder Black Flag We March oder dem Evergreen We Will Rise war die Stimmung am kochendsten und das Headbangschleudertrauma garantiert.

Foto: Marco Aversano

Es war beeindruckend mit welchem Einsatz und welcher Professionalität die Künstler, die noch am Tag zuvor einen überragenden Auftritt auf dem Wacken Festival (einschließlich Video-Aufzeichnung) hingelegt hatten, die Live Music Hall rockten und einen Song nach dem nächsten schmetterten. Von Erschöpfung war weder bei der topgestylten und ausstrahlungsstarken Frontfrau Alissa White-Gluz noch bei den anderen Bandmitgliedern etwas zu spüren. Besonders die genialen Gitarrensoli beim Abschlusssong Fields of Desolation waren mitunter mein persönliches Highlight. Zu jeder Zeit an jeder Stelle war Bewegung und Action auf der Bühne. Endlich eine Band der man denen man Abschlusssätze wie «Danke, ihr wart ein geiles Publikum» wirklich voll und ganz glaubt.

Ich bin weder ein Death Metal-Experte, noch ein Teil des typischen Publikums aber abschliessend musste ich feststellen, dass es sich doch lohnt mal über den Tellerrand zu schauen. Ein wirklich gutes Festival in kleinem Rahmen für jeden der auf gute handgemachte Musik steht und gerne auf den Tumult auf dem Wacken Festival verzichtet. Gerne wieder!

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