Sommer, Sonne und Rockmusik – Rockaue 2017

Die dritte Rockaue, strahlender Sonnenschein und eine ordentliche Packung guter Rockmusik und Negative White war dabei. Am vergangenen Wochenende hat in der Bonner Rheinaue zum dritten Mal das Festival Rockaue stattgefunden und es hat alles, was ein gutes Rockfestival braucht.

Die Rockaue wurde 2015 in Bonn ins Leben gerufen und hat seitdem ein spannendes Paket aus Rock und Pop mit im Gepäck. In der Bonner Rheinaue, die eine Menge Platz für solche Veranstaltungen bietet, wurden in diesem Jahr auf drei Bühnen verschiedene Rockstile präsentiert. Auf der Talent-Stage bekamen Publikum, Newcomer und noch unbekannte Bands die Möglichkeit sich durch die Musik gegenseitig kennenzulernen. Weiter gab es noch eine Rock’n Heavy-Stage, auf der es dem Namen nach musikalisch etwas härter zuging und zu guter Letzt, im Zentrum des Geländes, die Bitburger Main-Stage. Über das Gelände verteilt konnte man sich gut mit Getränken und Kulinarischem versorgen sowie sich an dem ein oder anderen Stand die Zeit mit Bandmerch vertreiben.

Bei einem Eintrittspreis von nicht einmal 30 Euro, was sich vor allem durch ein ehrenamtlich tätiges Orga-Team erklären lässt, bietet die Rockaue also eine ganze Menge. Umso mehr verwundert es, dass es 2015 noch 20’000 Besucher zählte, die Zahlen in 2016 und 2017 jedoch rückgängig sind. Es bleibt zu hoffen, dass 2017 nicht bereits das Ende der Rockaue war.

Morgenstund hat Blei im Arsch

Denis Fel von Atlin auf Klettertour. Bild: Marco Aversano

 

12:00 Uhr, die Sonne knallt und die Stimmung ist erwartungsvoll. Den Start machten drei Bands die unterschiedlicher nicht sein konnten. Während Atlin auf der Rock’n Heavy-Stage die frühen Vögel mit Progressive Metal weckten und mit ihrem Song Voice ein Zeichen gegen Ignoranz setzten, stimmten Louder than Wolves eher melodische Indie-/Alternative-Töne an. Wem das Alles doch zu hart zum Aufwachen war, der hatte die Möglichkeit den Bonnern von Poly Deluxe zu lauschen und mit entspanntem Pop-Rock den Tag zu beginnen. Egal wofür man sich entschied, der gute Start in den Tag war gewährleistet.

Während man also zwischen den drei Bühnen hin und her schlenderte, mal hier mal dort verweilte, konnte man wunderbar auch Bands lauschen, die man wohlmöglich harndicht auf dem Schirm hatte. Neufundland zum Beispiel verbreitete ein entspanntes Sommerfeeling und Rauputz waren, wenn es ihnen auch etwas an der sicheren Bühnenausstrahlung fehlte, musikalisch echt interessant und animierten zum Luftgitarre spielen.

«Der teuerste Drummer der Welt»

Nach einem zugegeben seichteren Morgen und Vormittag schlug um 14:00 Uhr auf der Main-Stage meine persönliche Bombe ein. Bei The Picture Books hatte man das Gefühl, dass sie an diesem Tag bei strahlendem Sonnenschein auf dieser Bühne genau richtig waren. Die aus Gütersloh stammende Band hätte genauso gut just mit der Harley aus den Staaten gekommen sein können. Das Gitarrenspiel von Fynn Grabke war grandios und virtuos und sie haben ein Rhythmus der in jede Faser dringt und mir mehr als eine Gänsehaut verpasst hat. Der Drummer Phillipp Mirtschink wurde zu Recht von seinem Bandkollegen als «das Biest» bezeichnet. Mit einer unglaublichen Leidenschaft und jede Menge Taktgefühl hat er die Drums regelrecht verprügelt. 

So ein Einsatz bleibt nicht ohne Folgen. So bringt dieser, laut Aussage des Sängers, bei jeder Tour bis zu fünf Drumsets durch. Aber nicht nur instrumental überzeugten sie, auch die kernige Stimme von Fynn Grabke  passte ins Gesamtkonzept, was man bei Songs wie The Rabbit and the Wolf oder PCH Diamondimmer wieder feststellte. Loblieder auf Bands zu singen ist vielleicht nicht jedermanns Art aber meiner Meinung nach haben diese beiden Energiebündel das definitiv verdient. Im Herbst diesen Jahres werden sie mit ihrem, in 2016 erschienen, Album Home is a Heartache auf Europatour gehen und man kann ihre Spur sicher an bebenden Clubs verfolgen.

Schlamm und Erschöpfung

Für die danach dringend benötigte Abkühlung sorgten die Einsatzkräfte der Feuerwehr Bonn Dottendorf. Sie sorgten mit ihrem Einsatzwagen für eine Feuerwehrdusche, was nicht nur für Abkühlung sondern auch Erheiterung sorgte. Klatschnass und abgekühlt war das Publikum damit auch bereit für einen wunderbar schlammigen Moshpit bei Watch out Stampede auf der Rock’n Heavy-Stage.

Weniger ernsthaft ging es im Anschluss bei Skinny Lister zu. Lorna und ihre Jungs kamen mit einem Lächeln auf die Bühne und starteten mit ihrem Folk-Punk und ihren absoluten Partyhymnen durch. Das nenne ich eine echte Spassband, die nicht nur auf der Bühne für ordentlich Stimmung sorgten, sondern sich im Anschluss an ihren Auftritt auch unters Publikum mischten und allerlei Schabernack trieben. Ein wahrlich witziges Sextett.

Wo wir gerade bei dem Thema Sextett sind, mit To The Rats and Wolves ging der Spass gnadenlos weiter. Musikalisch und durch ihre Bühnenpräsenz fuhren sie die harten Geschütze auf und rockten was das Zeug hält. Zwar handelt es sich bei dieser Gruppe nicht um eine Metalcore Innovation (weder sound-technisch noch textlich), jedoch machen die Jungs ordentlich Party, was von einem Circle Pit bis zu einer amtlichen Wall of Death bei dem Song Riot führte.

Danach brauchten wir erstmal eine Pause und lauschten von den Schattenplätze unter den Bäumen zugleich dem unglaublich coolen Auftritt von der Kyle Gass Band und aus der Ferne dem Abriss von Any Given Day.

Organisatorische Herausforderung

Erholt und gestärkt ging es dann zu den Blues Pills, für die der Tag leider etwas bitter endete. Zwar ist die Frontfrau Elin Larsson ein wahres Energiebündel mit dem gewissen Etwas in der Stimme, aber gerade diese schien an diesem Tag zu versagen. Zwischendurch brach ihre Stimme einfach weg und nach einigen Entschuldigungen brachen die Schweden ihren Auftritt ab. Das Publikum nahm es gelassen und verabschiedete sie mit einem herzlichen Beifall. Gesundheit geht nunmal vor!

Elin Larsson kämpfte mit ihrer Stimme.Bild: Marco Aversano

 

Nun standen die Organisatoren neben dem Ausfall der Blues Pills vor einer weiteren Herausforderung. Wie überbrücken wir die Zeit bis zum nächsten Auftritt?

Die Entscheidung fiel leider auf eine etwas unpopuläre Alternative. Anstatt dem Publikum die Möglichkeit zu geben, sich auch auf den anderen Bühnen umzuschauen und Musikern zu lauschen, die vielleicht nicht den riesigen Bekanntheitsgrad haben, wurde der Auftritt von Danko Jones um 20 Minuten vorverlegt.

Wir nutzten die dennoch verbliebene Wartezeit um mal bei den, ich erlaube mir mal zu sagen, schrägen Vögeln von Apron vorbeizuschauen. Einer kurioser verkleidet als der Andere und im Publikum wurden fleissig Luftballons verteilt, die im Laufe des Auftritts immer grösser wurden. Zwar fand ich die Texte sowie die Show sehr unterhaltsam und die Songs haben Ohrwurmpotential aber leider kam der Sound  nicht so gut rüber wie es hätte sein können. Gerne hätten wir mehr davon gehört aber da ging es schon mit Danko Jones auf der Main-Stage los.

Time flies when you have fun

Aber um ehrlich zu sein, dass hätte ich auch nicht verpassen wollen. Wenn auch die Zuschauermenge anfangs relativ klein (durch die fehlenden Zuschauer, die von der Vorverlegung nichts mitbekommen haben) war, legten sie mit Vollgas los.

Danko Jones gaben Vollgas. Bild: Marco Aversano

Mit Songs wie Kiss on the first Date und I gotta Rock kochte die Stimmung in der Rheinaue über. Im Übrigen habe ich noch auf keinem Konzert so viele Crowdsurfer gesehen wie auf diesem. Einer schaffte es sogar dem erfahrenen Danko Jones die Show zu stehlen, was von diesem natürlich nicht unkommentiert blieb, denn er war in blaue Schwimmringe verpackt und schien sein Crowdsurfing gar nicht beabsichtigt zu haben. Ein Opfer der Stimmung sozusagen.

Aber nicht nur, dass die Kanadier eine musikalisch hochwertige Rockshow abgeliefert haben, nein sie sind auch noch unheimlich unterhaltsam. Insbesondere der charismatische Frontmann, der tatsächlich mit seinem Publikum interagierte und um keinen frechen Spruch verlegen war, brachte «Stimmung in die Bude». Bei diesen Künstlern merkt man wieder, dass es keine grosse und aufwendige Show braucht um gute Musik zu spielen und der Erfolg gibt ihnen Recht. Mit vollen Körper- und vor allem Mimikeinsatz war es eine gelungene Show, so dass ich verwundert war als der Auftritt sich dem Ende näherte. Was, schon vorbei?

Headliner-Zeit

In Extremo lieferten direkt zu Beginn eine feurige Show. Die Pyrotechnik hatte ganze Arbeit geleistet und feuerte aus vollen Rohren. Der Auftritt war jedoch sehr durchgetaktet und es fehlte etwas an spontaner Dynamik. Dennoch brachte In Extremo eine ordentliche Portion Mittelalter-Rock mit, für den ein grosser Teil der Festivalbesucher auch erschienen war. Super Lichtshow, klasse Sound und gute Stimmung. Also alles was ein amtlicher Headliner braucht.

Die Show von In Extremo war etwas abgeklärt. Bild: Marco Aversano

Währen auf der Hard’n Heavy Stage die Jungs von Callejon ordentlich aufdrehten und dem Publikum mit harten Tönen von alten Alben und etwas seichteren Tönen von neuen Alben noch die letzte Energie heraus rockten, gab es auf der Talent-Stage, im Schein des Vollmondes, einen Abschluss der etwas anderen Art.

Eine wahre Lichtgestalt

Wenn ich den Sound und den Auftritt von Capitano in kurzen Sätze beschreiben müsste, würde ich sagen poppig, irgendwie sexy und vor allem skurril aber dennoch gut. Der Sänger, in einen Anzug gehüllt, der komplett mit kleinen Leuchten bestückt war und eine Band bunt geschminkt und die Anzüge farblich auf einander abgestimmt. Völlig im Rausch und ein Sound mit einer Mischung aus Rock, Alternative und Disco. Egal was es war, es war ein passender Abschluss für diesen anstrengenden aber tollen Tag.

Kurzes Brainstorming

Abschliessend noch ein kurzes Fazit zum Rockaue Festival:

Positiv

  • Die Rheinaue ist eine ausgezeichnete Location für solche Veranstaltungen.
  • Ich hatte die Gelegenheit einige Bands kennenzulernen, die ich bis dato nicht kannte und die meinen Horizont definitiv erweitert haben.
  • Durch die Talent-Stage erhalten kleine und auch lokale Bands eine Plattform.
  • Überdurchschnittlich freundliches Händler und Thekenpersonal (hat man auch nicht immer).
  • Ein Orga-Team mit einem Herz für die Musik!

Verbesserungswürdig

  • Auch wenn es sich um grösstenteils freiwillige Helfer handelt, gibt es einige organisatorische Abläufe die verbessert werden könnten. Vor allem die Kommunikation zwischen Orga und Sicherheitspersonal führte zu Problemen und Unstimmigkeiten.
  • Allgemeine Informationen über z.B. den verspäteten Einlass (ca. 11:30 Uhr) oder die Verschiebung des Programms wurden nicht oder nicht ausreichend kommuniziert.
  • Insbesondere bei hohen Temperaturen könnten Stellen für kostenloses Trinkwasser eingerichtet werden, da es schon schwierig ist sich mit einem begrenzten Budget und nur 1L zugelassenen Wasser-Tertrapacks einen ganzen Tag zu versorgen (Falls es solche gab sollten hier die Informationen verbessert werden).

Fazit

Insgesamt war das Rockaue 2017 ein gelungenes Festival und hat mehr Zuschauer verdient. Es bleibt nur zu hoffen, dass das Aufleben der Freiluft-Rockkultur nicht schon nach drei Festivals wieder ihr Ende findet.

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